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Gemischt genutzte Konten: Wann darf der Betriebsprüfer Einsicht verlangen?
Wann hat der Betriebsprüfer das Recht, Einsicht in Kontoauszüge von gemischt genutzten Konten zu verlangen? Mit dieser Frage hat sich der Bundesfinanzhof beschäftigt. Was das oberste Gericht entschieden hat und welche Bedeutung der Beschluss für die Praxis hat, erläutern wir Ihnen.
In der Betriebsprüfung bei einer freiberuflich tätigen Heilpraktikerin durfte das Finanzamt die Vorlage von Kontoauszügen für ein sowohl betrieblich als auch privat genutztes Konto verlangen. Dies entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Beschluss.
Betriebsprüfung: Zu diesen Handlungen dürfen Steuerpflichtige aufgefordert werden
Art und Umfang von Mitwirkungspflichten führen im Rahmen von Betriebsprüfungen regelmäßig zu Auseinandersetzungen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es an einer klaren Trennung zwischen betrieblichen und privaten Daten fehlt. Problematisch ist zudem die Trennung von prüfungsrelevanten Daten sowie geschützten Informationen über Patienten und Patientenverhältnisse. Art und Umfang der Mitwirkungspflichten lassen sich daher kaum pauschal beschreiben. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.
Allerdings verpflichtet der BFH die Finanzverwaltung im Rahmen von Betriebsprüfungen dazu, Steuerpflichtige nur zu solchen Handlungen aufzufordern, die die folgenden Kriterien erfüllen:
- Notwendigkeit
- Zumutbarkeit
- Erfüllbarkeit
- Verhältnismäßigkeit
Den äußeren Rahmen bildet dabei zunächst der Anlass der Prüfung, nämlich die Prüfung der Besteuerungsgrundlagen des Steuerpflichtigen. Richtet sich ein Prüfungsverlangen ausschließlich darauf, die steuerlichen Verhältnisse Dritter festzustellen, wäre dies rechtswidrig. Werden hingegen im Rahmen der Prüfung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen auch Informationen über Dritte bekannt, so darf die Finanzverwaltung über diese Sachverhalte Kontrollmaterial anfertigen und zur Auswertung an das für den Dritten zuständige Finanzamt (FA) senden.
Wann darf der Betriebsprüfer Einsicht in Kontoauszüge aus gemischt genutzten Konten verlangen?
Die Klägerin ist freiberufliche Heilpraktikerin. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung verlangte das Finanzamt die Vorlage von Kontoauszügen. Das Konto nutzte die Klägerin sowohl für betriebliche als auch für private Zwecke. Die Klägerin war der Ansicht, dass die Finanzverwaltung die Vorlage der Dokumente nicht verlangen darf. Durch den BFH war zu klären, ob Freiberufler, die umsatzsteuerfreie Umsätze erbringen, gesetzlich dazu verpflichtet sind, Bankkontoauszüge, auf denen neben privaten Vorgängen auch betriebliche Vorgänge verzeichnet sind, vorzulegen.
Bei der Gewinnermittlung nach Einnahmen-Überschussrechnung sind Aufzeichnungen nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nur aufzubewahren, soweit dies »aufgrund anderer Steuergesetze« erforderlich ist.
Im Ergebnis bestätigte der BFH das Vorgehen der Betriebsprüfung. Bei der Frage, ob und in welchem Umfang Unterlagen zwecks Feststellung des steuererheblichen Sachverhalts vorzulegen sind, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung. Die Inanspruchnahme der Klägerin war auch nicht von vornherein ausgeschlossen. Insbesondere steht der Umstand, dass die Klägerin umsatzsteuerfreie Umsätze erbringt, der Inanspruchnahme nicht entgegen. Bereits in der Vergangenheit hat der BFH klargestellt, dass sich ein Herausgabeverlangen der Finanzverwaltung auf solche Unterlagen erstrecken kann, für die den Steuerpflichtigen keine Aufbewahrungspflichten treffen. Voraussetzung sei lediglich, dass die Unterlagen tatsächlich vorliegen und daher vom Steuerpflichtigen auch vorgelegt werden können.
Was bedeutet der Beschluss für die Praxis?
Steuerpflichtige haben im Rahmen von Betriebsprüfungen bei der Feststellung der Sachverhalte, die für die Besteuerung erheblich sein können, mitzuwirken. Insbesondere müssen sie dabei Auskünfte erteilen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht sowie Prüfung vorlegen, die zum Verständnis der Aufzeichnungen erforderlichen Erläuterungen geben und die Finanzbehörde unterstützen. Mit dem oben angesprochenen Beschluss hat der BFH erneut klargestellt, dass das Gesetz keine Einschränkungen enthält, die der Vorlage von privat und beruflich genutzten Kontoauszügen entgegenstehen könnten. Insbesondere bestehe keine Akzessorietät zwischen den Mitwirkungspflichten im Rahmen von Betriebsprüfungen und Aufbewahrungspflichten. An dieser Stelle geht die Mitwirkungspflicht über die Verpflichtung zum Datenzugriff hinaus, da sich der Datenzugriff auf die aufbewahrungspflichtigen Unterlagen beschränkt.
Für die Praxis bedeutet das vor allem: Wird ein Konto sowohl für betriebliche als auch für private Zwecke genutzt, darf im Rahmen von Betriebsprüfungen die Vorlage von Kontoauszügen auch dann verlangt werden, wenn diese nicht zu den aufbewahrungspflichtigen Unterlagen zählen.
Die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen ist dabei streng von dem an die Aufbewahrungspflicht anknüpfenden Recht auf Datenzugriff abzugrenzen. Wer als Freiberufler seine privaten Kontoangelegenheiten schützen möchte, sollte frühzeitig eine strikte Trennung zwischen privat und betrieblich genutzten Konten herstellen.
- Doreen Rieck
Dipl.-Finanzwirtin (FH), Steuerberaterin
Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)
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