Reform der Notfallversorgung nimmt Fahrt auf: Einführung von Integrierten Notfallzentren und erweiterten Apotheken-DienstenReform
Die seit vier Jahren thematisierte Reform der Notfallversorgung wird endlich konkreter. Es sind die Einführung von »Akutleitstellen«, Integrierten Notfallzentren und erweiterte Apotheken-Dienste zur Entlastung der Notaufnahmen ab Juli 2025 geplant. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt seit 17. Juli 2024 vor und betrifft sowohl Ärzte als auch Apotheken. Wir werfen einen genauen Blick auf diesen Entwurf und die geplanten Maßnahmen.
Die Reform der Notfallversorgung hat zum Ziel, die Überlastung der Notaufnahmen zu verringern. Durch eine bessere Vernetzung der Versorgungsbereiche Rettungsdienste, Krankenhausnotaufnahmen und ambulant-kassenärztlicher Notdienste will der Gesetzgeber diesen Sektor entlasten. Diese Vernetzung soll insbesondere durch die Etablierung von bundesweiten Integrierten Notfallzentren (INZ) und die verbindliche Kooperation der Rufnummern der Kassenärztlichen Vereinigung 116117 (Terminservicestelle) sowie der 112 (Rettungsdienst) gefördert werden. Akute Fälle werden künftig nicht mehr von den Terminservicestellen vermittelt, sondern ebenfalls unter der Rufnummer 116117 von »Akutleitstellen«, die rund um die Uhr (24/7) tätig werden sollen.
Integrierte Notfallzentren
Die INZ sollen aus
- einer Notaufnahme von ausgewählten Krankenhäusern,
- einer KV-Notdienstpraxis am/im Krankenhausstandort, sowie
- einer zentralen Ersteinschätzungsstelle
bestehen.
Hierdurch sollen 95 Prozent aller Menschen innerhalb von 30 Minuten Fahrzeit in einer Krankenhausplanregion ein INZ erreichen. Die angebundenen KV-Notdienstpraxen sollen »an Wochenenden und Feiertagen von 9 bis 12 Uhr, montags, dienstags und donnerstags von 18 bis 21 Uhr sowie mittwochs und freitags von 14 bis 21 Uhr geöffnet sein.« Notdienstpraxen an/in Krankenhäusern gibt es in manchen Regionen bereits, jedoch keine gesetzliche Verpflichtung hierzu.
Eckpunkte für Ärzte
Die Anbindung von niedergelassenen Ärzten oder MVZ kann über Kooperationspraxen erfolgen. Um die notdienstliche Erstversorgung auch zukünftig gewährleisten zu können, muss eine 24-stündige »telemedizinische und eine aufsuchende Versorgung« durch niedergelassene Vertragsärzte erfolgen.
Hat sich ein Standort für ein INZ gefunden, schließen die jeweiligen Krankenhausträger und Kassenärztlichen Vereinigungen eine Kooperationsvereinbarung ab. In dieser sind alle Regelungen der Kooperationspartner zu
- Kooperationspraxen,
- »wer führt die Ersteinschätzung durch«,
- personeller Besetzung der Stellen,
- Schulungen des Personals,
- Anmietung von Räumlichkeiten und
- Nutzungsregelungen der diagnostischen Einrichtung des Krankenhauses
und vieles mehr festgehalten.
Schätzungen zufolge könnte es somit zur Bildung von etwa 700 Integrierten Notfallzentren kommen.
Der Sicherstellungsauftrag der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen durch den zahnärztlichen Notdienst bleibt von der Reform der Notfallversorgung unberührt.
Eckpunkte für »notdienstpraxisversorgende« Apotheken
Zunächst dürfen die Notfallärzte den Patienten Arzneimittel zur Überbrückung für den kurzfristigen Bedarf (längstens drei Tage, zum Beispiel übers Wochenende) mitgeben. Für den weitergehenden Bedarf sollen dann Apotheken Patienten in Notdienstpraxen auf Basis von Versorgungsverträgen (neu § 12b ApoG, ähnlich Heimverträge) versorgen.
Was ist geplant?
- Die Versorgung soll durch die öffentliche Apotheke, die in unmittelbarer Nähe zur Notdienstpraxis liegen muss, oder durch den Betrieb einer zweiten Offizin mit Lagerräumen auf dem Gelände, auf dem die Notdienstpraxis betrieben wird, erfolgen.
- Die freie Apothekenwahl der Patienten darf nicht eingeschränkt werden.
- Die Apotheke beziehungsweise die zweite Offizin der Apotheke soll während der Öffnungszeiten der Notdienstpraxis geöffnet sein.
Abrechnung zum Monatsende über den DAV
Jede Apotheke mit einem Versorgungsvertrag erhält unabhängig von geleisteten Vollnotdiensten pro Woche einen pauschalen Zuschuss, wenn sie in diesem Zeitraum während der Öffnungszeiten der Notdienstpraxis geöffnet hatte. Die Apotheke meldet nach jedem Quartalsende spätestens bis zum Ende des folgenden Monats dem Deutschen Apothekerverband e. V. (DAV), dass ein Vertrag besteht und die Anzahl der Wochen, in der die Apotheke während der Öffnungszeiten der Notdienstpraxis geöffnet hatte.
Wie hoch der pauschale Zuschuss ausfällt, ist nicht näher beschrieben. Der Regierungsentwurf stellt die Vorstufe zum parlamentarischen Verfahren dar, mit dessen Abschluss im Herbst 2024 zu rechnen ist. Hier ist vor dem Hintergrund der breiten Kritik von Seiten der betroffenen Leistungserbringer mit Änderungen zu rechnen.
- Sabrina Litwinski
Diplom-Kauffrau, MPH
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