Koalitionsvertrag: Apothekenhonorar steigt auf 9,50 Euro
Die Koalitionsverhandlungen laufen und was die Arbeitsgruppe Gesundheit für den Koalitionsvertrag erarbeitet, dürfte gerade für die Apotheken höchst erfreulich sein. Steigt das Apothekenhonorar bald auf 9,50 Euro?

CDU, CSU und SPD haben die geplanten Maßnahmen der Koalition für den Bereich Gesundheit und Pflege formuliert. Ein eigener Abschnitt darin befasst sich mit den Vorhaben für Apotheken. Wir haben genau hingesehen und die Wirkung eingeschätzt.
Was steht konkret im Papier der Arbeitsgruppe?
Es finden sich im Verhandlungsergebnis der AG Gesundheit und Pflege fünf konkrete Aussagen mit Bezug zu den Apotheken:
1. Das Apothekenpackungsfixum wird einmalig auf 9,50 Euro erhöht.
Seit 2004 wurde das Fixhonorar nur einmal angepasst, die Maßnahme ist also überfällig. Die Erhöhung von 1,15 Euro je Rx-Packung bedeutet für eine durchschnittliche Apotheke etwas mehr als 50.000 Euro Rohertrag zusätzlich – ein Plus von fast 8 Prozent. Allerdings werden dem Rohgewinnplus auch Kostensteigerungen (Tarifgehälter, eventuell höherer Mindestlohn, allgemeine Teuerung) gegenüberstehen. Somit wird ein Teil des Wachstums durch neue Ausgaben aufgezehrt.
2. Das Packungsfixum kann bis zu 11 Euro betragen, abhängig vom Versorgungsgrad und insbesondere für ländliche Apotheken. Diese Zahlungen sollen aus dem Topf der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) gegenfinanziert werden.
Nach Einschätzung der Treuhand Hannover kann die Förderung von versorgungsrelevanten Apotheken dem Apothekensterben in der Fläche entgegenwirken. Unklar ist, wie zielgenau man die Kriterien festlegen kann, welche Betriebe als förderwürdig gelten. Die Honorarerhöhung um bis zu 2,65 Euro je Rx-Packung wäre je nach Apothekentyp eine Rohgewinnsteigerung zwischen 15 bis 20 Prozent. Auch in diesem Fall wirken die Kostenerhöhungen dämpfend auf das Rohgewinnplus.
3. Die Apothekervergütung soll künftig zwischen den Apotheken und dem GKV-Spitzenverband ausgehandelt werden.
Die Maßnahme ist zu begrüßen als Schritt zur regelhaften Dynamisierung des Honorars und einer Entpolitisierung dieser Frage. Wichtig ist, dass klare Anpassungskriterien festgelegt werden: die 9,50 Euro müssen bei Verhandlungen als Ausgangsbasis feststehen. Außerdem muss die Kostenentwicklung in den Apotheken zwingend berücksichtigt werden.
4. Nullretaxationen aus formalen Gründen werden abgeschafft.
Sehr zu begrüßen, die Wirkung wird individuell sehr unterschiedlich sein.
5. Das Skonti-Verbot wird aufgehoben.
Unseren Schätzungen nach waren je Apotheke durch das Urteil des Bundesgerichtshofs durchschnittlich 20.000 bis 30.000 Euro Skonto/Vorteile im Risiko. Die tatsächlichen Verluste fielen infolge von Kompensationen niedriger aus, mit großen Unterschieden zwischen den Apotheken. Im Papier der Koalition wird eine Ertragswirkung je Apotheke von 15.000 Euro genannt. Was davon erreicht wird, hängt vom Agieren der Marktbeteiligten ab. Die Regelung böte eine Chance, frühe Zahlung wieder stärker zu belohnen. Tendenziell stärkt die Maßnahme also verhandlungs- und liquiditätsstarke Apotheken.
Mehr Prävention, weniger Bürokratie
Es gibt weitere, aber unkonkrete Aussagen im Verhandlungsergebnis mit Wirkung auf die Apotheken. So ist die Rede von einheitlichen Vorgaben für Vor-Ort- und Versandapotheken, insbesondere bei der Einhaltung von Kühlketten und Nachweispflichten. Außerdem soll der Apothekerberuf zu einem Heilberuf weiterentwickelt werden, was in Verbindung mit pharmazeutischen Dienstleistungen und Präventionsangeboten genannt wird. Bürokratie sowie Datenschutzvorgaben sollen abgebaut werden, genannt sind zum Beispiel Heil- und Hilfsmittelversorgungen. Die ePA-Nutzung wird sanktionsbewährt, Rahmenbedingungen und Honorierung für Telepharmazie sollen festgelegt werden.
Es bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form diese Punkte in den Koalitionsvertrag eingehen werden. Ebenso unklar ist, wie und wann etwas in Form von Gesetzen sowie Verordnungen umgesetzt wird. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten die Entwicklung beobachten und Sie auf dem Laufenden halten.
- Dr. Sebastian Schwintek
Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)
GeneralbevollmächtigterTelefon: 0511 83390 -232Fax: 0511 83390 -340
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